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Schadensersatzklagen gegen die Deutsche Bausparkasse Badenia AG - Oberlandesgericht Karlsruhe entscheidet zu aktuellen Rechtsfragen
Datum: 04.10.2013
Kurzbeschreibung:
In den drei Verfahren, die der für
das Bankenrecht zuständige 17. Zivilsenat am 24.09.2013 zu
entscheiden hatte, verlangen die Kläger von der beklagten
Bausparkasse Schadensersatz wegen vertraglicher Pflichtverletzungen
im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung einer
vermieteten oder zu vermietenden Eigentumswohnung. Die Kläger
erwarben in den 90er Jahren zwecks Steuerersparnis unter
Vermittlung der Heinen & Biege-Gruppe
Wohnungseigentum. Sie unterschrieben im Vorfeld einen sogenannten
Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag (OFA), in dem
Finanzierungskosten und Gebühren für die Vermittlung des
Objekts konkret ausgewiesen waren. Die Beklagte war als
Darlehensgeberin an der Finanzierung der Käufe beteiligt.
Mit Urteil vom 24.09.2013 (17 U 281/12) hat der
17. Zivilsenat ein Schadensersatz zusprechendes Urteil des
Landgerichts Karlsruhe aufgehoben und die Sache an das Landgericht
zurückverwiesen. Die Kläger hatten geltend gemacht, sie
seien über die Höhe der tatsächlich an den Vertrieb
geleisteten Provisionen durch falsche Angaben in dem OFA arglistig
getäuscht worden. Die vom Vertrieb erwarteten
Vertriebsprovisionen seien deutlich höher gewesen als dort
angegeben, die Höhe der Gesamtprovision sowie die Verwendung
des OFA seien der beklagten Bausparkasse bekannt gewesen.
Die Beklagte hat bestritten, dass die Verkäuferin
überhaupt eine Provision an das Vertriebsunternehmen bezahlt
und dass dieses mit Täuschungsabsicht gehandelt habe. Sie
selbst habe keinen Wissensvorsprung im Zusammenhang mit einer
etwaigen arglistigen Täuschung durch den Vertrieb gehabt. Der
Senat hat das Urteil aufgehoben, weil das Landgericht ohne
Beweisaufnahme angenommen hat, dass die Verkäuferin des
Objekts über die in dem OFA genannten Provisionen hinaus
zusätzliche Provisionen geleistet habe. Das Landgericht
könne seine Annahme nicht auf Erkenntnisse aus anderen
Verfahren stützen, in denen andere Verkäufer gehandelt
hätten. Ein solches Vorgehen verstoße gegen das Gebot,
sich mit dem Streitstoff umfassend auseinanderzusetzen und den
Sachverhalt durch die Erhebung der angetretenen Beweise
möglichst vollständig aufzuklären. Das Landgericht
habe auch rechtsfehlerhaft der Beklagten nicht die Möglichkeit
eingeräumt, durch eine Beweisaufnahme ihren vermuteten
Wissensvorsprung bezüglich der Vorgehensweise des
Vertriebsunternehmens zu widerlegen. Der von der Beklagten genannte
Zeuge müsse deshalb noch vernommen werden.
Im Verfahren 17 U 280/12 lag der Schwerpunkt bei
der Verjährung und der Frage, ob die Rechtskraft eines
früheren Urteils, mit dem eine Schadensersatzklage gegen die
Bausparkasse rechtskräftig abgewiesen worden war, einer neuen
Schadensersatzklage entgegensteht. Das Landgericht hatte deshalb
die zweite Schadensersatzklage abgewiesen, die Berufung der
Kläger zum Oberlandesgericht Karlsruhe hatte Erfolg.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
verbietet die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen
Entscheidung als negative Voraussetzung eine neue Verhandlung
über denselben Streitgegenstand. Im früheren Prozess
hatten die Kläger zur Pflichtverletzung behauptet, dass im
Kaufpreis nach dem von der Beklagten gebilligten Anlagemodell hohe
Innenprovision enthalten gewesen seien und die Beklagte
hierüber einen konkreten Wissensvorsprung gehabt habe. Im
jetzigen Verfahren behaupten die Kläger jedoch eine andere
Pflichtverletzung, nämlich dass das Vertriebsunternehmen durch
konkrete Angaben der Provisionen im OFA den Käufern arglistig
vorgespiegelt habe, weitere Provisionen würden nicht bezahlt,
obwohl im Kaufpreis zusätzliche Innenprovisionen enthalten
gewesen seien, und die Beklagte von dieser aktiven Täuschung
gewusst habe. Der Senat vertritt die Auffassung, dass die einzelnen
Pflichtverstöße, auch wenn sie in einem einheitlichen
Beratungsvorgang erfolgt sind, als unterschiedliche
Streitgegenstände zu behandeln sind.
Die im jetzigen Verfahren geltend gemachte Pflichtverletzung hat
der Senat für erwiesen erachtet. Die Kenntnis der Beklagten
von der aktiven Täuschung der Kläger durch den Vertrieb
wird wegen des institutionalisierten Zusammenwirkens der Beklagten
mit dem Vertrieb vermutet. Der Senat konnte sich durch die
Vernehmung des von der Beklagten zur Ausräumung der Vermutung
benannten Zeugen, ihres früheren Finanzvorstandes, nicht davon
überzeugen, dass der Beklagten die Verwendung des Formulars
(OFA) und die falschen Angaben darin über die Provisionen
nicht bekannt waren.
Der Schadensersatzanspruch sei auch nicht verjährt. Der
Beginn der Verjährung setze voraus, dass der Anspruchsteller
sämtliche anspruchsbegründenden Umstände kenne oder
grob fahrlässig nicht kenne, die Kenntnis des
bevollmächtigten Rechtsanwalts werde zugerechnet. Solche
Kenntnisse des Rechtsanwaltes im ersten Prozess habe das
Landgericht zu Unrecht angenommen. Den Schriftsätzen im ersten
Prozess sei die Kenntnis von einem Wissensvorsprung der Beklagten
über eine aktive Täuschung der Anleger durch Verwendung
des irreführenden OFA nicht zu entnehmen. Nicht ausreichend
sei nämlich, dass im Vorprozess „versteckte
Innenprovisionen“ thematisiert oder behauptet worden sei, die
Anleger seien im Zusammenhang mit dem Wohnungserwerb arglistig
getäuscht worden. Der Beweis, dass der frühere
Prozessbevollmächtigte Kenntnis davon gehabt habe, dass die
Beklagte damals den OFA und seine generelle Verwendung gekannt
habe, sei der Beklagten nicht gelungen. Die Vernehmung des
Rechtsanwaltes durch den Senat habe nur ergeben, dass dieser
Informationen gehabt habe, nach denen die Beklagte von erheblichen
Innenprovisionen gewusst habe, die von ihr finanziert worden seien,
nicht jedoch von der Kenntnis der Beklagten von einer aktiven
Täuschung unter Verwendung des irreführenden OFA.
In dem Verfahren 17 U 231/12 hatten die
Kläger gegen die beklagte Bausparkasse 2004 erfolglos eine
Vollstreckungsgegenklage erhoben, um die Zwangsvollstreckung in ihr
Wohnungseigentum aus einer Sicherungsgrundschuld abzuwenden. Sie
schlossen nach dem verlorenen Prozess deshalb mit der Beklagten
einen Vergleich, wonach gegen einen Verzicht auf
Vollstreckungsmaßnahmen sämtliche Ansprüche oder
Einwendungen des Darlehensnehmers gegen die Badenia im Zusammenhang
mit dem Erwerb und/oder der Finanzierung des Beleihungsobjekts
für die Gegenwart und Zukunft abgegolten sind, unabhängig
davon, ob solche Ansprüche/Einwendungen bislang bereits
gerichtlich oder außergerichtlich geltend gemacht worden sind
und unabhängig davon, ob solche Ansprüche/Einwendungen
bislang bekannt sind.
Die Kläger haben nun eine Schadensersatzklage gegen die
Bausparkasse beim Landgericht Karlsruhe wegen Verletzung von
Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit Vertriebsprovisionen
erhoben. Sie halten den Vergleich für unwirksam, weil die
Beklagte die Vollstreckungsabwehrklage nur durch einen
Prozessbetrug gewonnen habe und der Vergleich unter dem
sittenwidrigen Druck der Zwangsvollstreckung abgeschlossen worden
sei.
Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen, die Berufung
der Kläger zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg.
Nach der Begründung des Senats sei der Vergleich wirksam und
erfasse alle etwaigen Schadensersatzansprüche wie sie die
Kläger jetzt geltend machten. Die Kläger hätten den
Vergleich nicht angefochten. Sie könnten auch nicht geltend
machen, der Vorprozess sei aufgrund eines Prozessbetruges falsch
entschieden worden, bei wahrheitsgemäßem Vortrag
wäre die Klage erfolgreich und damit eine Androhung der
Zwangsvollstreckung nicht mehr möglich gewesen und die
Vergleichsvereinbarung mangels Vollstreckungsdrucks von den
Klägern nicht geschlossen worden. Die Rechtskraft des
früheren Urteils über die Abweisung der
Vollstreckungsgegenklage könne hier nicht über § 826
BGB wegen sittenwidriger Schädigung durchbrochen werden,
für einen vorsätzlich falschen Vortrag der Beklagten im
Vorprozess gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Beklagte
habe auch nicht unzulässig die Rechtskraft des angeblich
falschen Urteils ausgenutzt. Die Kläger seien anwaltlich
vertreten gewesen und hätten umfassend zu
Schadensersatzansprüchen vorgetragen. Sie seien in der Lage
gewesen, eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber zu
treffen, sich auf das Vergleichsangebot der Beklagten einlassen
oder die Zwangsvollstreckung hinzunehmen. Für die
Wiederaufnahme des Vorprozesses fehlten die gesetzlichen
Voraussetzungen. Es sei der Beklagten hier nicht verwehrt, auf der
Einhaltung des Vergleichs zu bestehen. Sie habe mit der Aufnahme
der Abgeltungsklausel, die in Vergleichen allgemein üblich
sei, das anerkennenswerte verständliche Anliegen durchgesetzt,
keinen weiteren Rechtsstreit über die behaupteten
Schadensersatzansprüche führen zu müssen, wenn sie
den Klägern mit dem Verzicht auf Zwangsvollstreckung und die
Sicherheitenverwertung sowie mit der Einräumung von
Ratenzahlung entgegenkomme.
Revision ist in allen drei Fällen nicht zugelassen
worden.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteile vom 24.09.2013
- 17 U 231/12, 17 U 280/12, 17 U 281/12 -