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Sturz in offenen Lichtschacht
Datum: 15.07.2005
Kurzbeschreibung: zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht für Lichtschachtabdeckungen
Der Kläger, ein Schüler, fuhr im Oktober 2002 gegen 1.00 Uhr nachts mit dem Fahrrad über den unbeleuchteten Schulhof seines Gymnasiums. Dort befinden sich mehrere Kellerschächte mit einer Tiefe von ca. 2,00 m, die durch Gitterroste abgedeckt sind. In dieser Nacht hatten Unbekannte einen Gitterrost herausgehoben, so dass der Kläger in den offenen Kellerschacht stürzte und sich insbesondere im Gesicht schwer verletzte.
Er klagte gegen die Stadt als Trägerin der Schule auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht. Das Landgericht Heidelberg gab der Klage teilweise statt, da die Stadt es fahrlässig verabsäumt habe, die Gitterroste durch besondere Vorkehrungen gegen das unbefugte Herausheben durch Dritte zu sichern.
Die Berufung der beklagten Stadt zum Oberlandesgericht Karlsruhe war erfolgreich. Der Senat wies die Klage ab.
Die beklagte Stadt war nicht verpflichtet, die Lichtschachtabdeckung durch besondere Vorkehrungen gegen ein Abheben durch Unbefugte zu sichern.
Nach anerkannten Rechtsgrundsätzen hat jeder, der Gefahrenquellen schafft oder unterhält, die nach Lage der Verhältnisse erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz anderer Personen zu treffen. Dabei beschränkt sich die Verkehrssicherungspflicht auf das Ergreifen solcher Maßnahmen, die nach den Gesamtumständen des konkreten Falles zumutbar sind und die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schaden zu bewahren. Die Pflicht des für ein Grundstück oder Gebäude Verantwortlichen umfasst grundsätzlich auch solche Gefährdungen, die sich aus dem vorsätzlichen Eingreifen eines Dritten ergeben.
Die Abdeckung eines Lichtschachtes, die nicht schon versehentlich aus der Ablage gelöst werden kann, muss nur dann gegen ein Abheben gesichert werden, wenn aufgrund besonderer Umstände ein solches Abheben durch Unbefugte naheliegt und deshalb eine konkrete, erhebliche Gefahrenlage besteht und dem Verkehrssicherungspflichtigen eine Beseitigung der Gefahrenlage durch zumutbare Maßnahmen möglich ist.
Nach den konkreten Umständen im Streitfall kann jedoch die Gefahr, dass Unbefugte den Gitterrost abheben, nicht als naheliegend angesehen werden. Von maßgeblicher Bedeutung ist dabei das Gewicht des Gitterrostes von 151 kg. Das Entfernen eines derart schweren Rostes ist einem Einzelnen von vornherein unmöglich, selbst zwei erwachsene Männer können einen Rost dieses Gewichtes nur mit erheblicher Kraftanstrengung aus dem Rahmen heben und zur Seite schieben. Angesichts des hohen Gewichts der Abdeckung kann eine Entfernung durch Ungefugte nicht als naheliegend angesehen werden, die abweichende Auffassung des Klägers würde zu einer übermäßigen Ausweitung der Verkehrssicherungspflicht führen.
Die beklagte Stadt hat damit die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 22.06.2005 - 7 U 104/04 -