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Sturz aus der Glastür im Obergeschoss

Datum: 13.05.2005

Kurzbeschreibung: Zur Auslegung der "Bauherrenklausel" in der Privathaftpflichtversicherung

Der Kläger kaufte Mitte 1999 ein älteres Einfamilienhaus in Leipzig und renovierte es. Im 1. OG baute er statt eines Fensters eine Außentür aus Glas ein. Nach dem Einzug wurde im Sommer 2000 die Fassade noch instand gesetzt. Anschließend erfolgten keine weiteren Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen mehr.
Bei einer Geburtstagsfeier Ende 2001 öffnete der Gast G überraschend die besagte Tür und trat halb rückwärts nach außen. Dabei stürzte er ca. 4 m in die Tiefe auf die darunter gelegene Terrasse und zog sich schwerste Verletzungen zu, da weder ein Balkon noch eine Brüstung vorgebaut waren.
Der Kläger verlangt von der beklagten Versicherung aufgrund des Privathaftpflichtversicherungsvertrages die Freistellung von Ansprüchen aus diesem Schadensereignis. Die Beklagte lehnte ihre Einstandspflicht unter Berufung auf die so genannte "Bauherrenklausel" ab.
Danach ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens als Inhaber eines im Inland gelegenen Einfamilienhauses versichert. Hierbei ist mitversichert die gesetzliche Haftpflicht als Bauherr oder Unternehmer von Bauarbeiten bis zu einer Bausumme von 20.000,-- DM je Bauvorhaben. Wird dieser Betrag überschritten, so entfällt die Mitversicherung.

Das Landgericht Konstanz gab der Klage jedoch statt und verurteilte die Beklagte. Ihre Berufung zum Oberlandesgericht Karlsruhe - Senate in Freiburg - blieb ohne Erfolg.
Der Senat bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Ein Versicherungsfall ist gegeben. Der Kläger ist auch nicht als Bauherr i.S. der o.g. Klausel anzusehen. Für den Unfall ist zwar die Tatsache mitursächlich geworden, dass bei den Renovierungsarbeiten eine ungesicherte Fenstertür eingebaut worden ist. Dafür haftet der Kläger jedoch nach Sinn und Zweck der Bauherrenklausel nicht als Bauherr, sondern als Hauseigentümer, da sich der Unfall erst nach Abschluss der Bauarbeiten ereignet und sich eine bauspezifische Gefährdung dabei nicht verwirklicht hat.

Die Bauherrenklausel erfasst zwar Haftpflichtfälle während der Bauphase, nicht aber Sicherheitsrisiken, die sich nach Abschluss der Bauarbeiten als Folge verbliebener Baumängel verwirklichen. Die der Höhe nach beschränkte Bauherrenhaftung greift nur solange ein, als tatsächlich Bauarbeiten auf dem Grundstück stattfinden und soweit diese ursächlich für den Schadenseintritt sind. Die Bauherrenhaftung unterliegt einer von der unbeschränkt versicherten Haftung als Inhaber eines zu Wohnzwecken verwendeten Einfamilienhauses gesonderten Regelung, weil während der Bauausführung zusätzliche Gefahren z.B. im Zusammenhang mit der Verwendung von Arbeitsgeräten und Baumaterial und wegen unzureichender Sicherungsmaßnahmen bestehen. Wird das Haus dagegen nach Beendigung der Bauarbeiten zu Wohnzwecken genutzt, haftet der Inhaber als Hauseigentümer. Die typische Gefahr von Bauarbeiten ist dann nicht mehr gegeben. Eine hinreichend klare Abgrenzung der Haftung als Bauherr zu der als bloßer Hauseigentümer ergibt sich aus der Feststellung, ob zum Zeitpunkt des Unfalls noch Bauarbeiten an dem Objekt stattfanden oder ob die Bauphase beendet war und sich der Unfall im Zusammenhang mit der Wohnnutzung zugetragen hat. Hier war- wie die Beweisaufnahme ergeben hat- die Bauphase bereits beendet.
Der Kläger hatte normalerweise den Griff der Fenstertür abgeschraubt und einen schweren Tisch vor die Tür geschoben, diese möglicherweise unzureichenden Maßnahmen waren vor der Geburtstagsfeier - wohl beim Putzen - beseitigt worden, so dass es zu dem Unfall kommen konnte. Damit sind Ursachen gesetzt worden, die ausschließlich im Zusammenhang mit dem Bewohnen des Anwesens, nicht aber mit Bauarbeiten bestehen.
Die Revision wurde nicht zugelassen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 28.04.2005 - 19 U 189/04 -

 

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